Rückblick Frankfurter Buchmesse 2008

Hier ein kurzer bebilderter Bericht von der Buchmesse Frankfurt (15.10.-19.10.) – ganz subjektiv durch die Brille von Voland & Quist und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Tag 0 (Dienstag)

Von Berlin ging es für mich nach Frankfurt, dort vom Bahnhof sofort zur Messe. Co-Verleger Leif und Lektor/Helfer Stephan sind bereits am Stand.

Und hier erwartet mich die Buchmesseausgabe der Frankfurter Rundschau, wo »Schmidt liest Proust« als »die abgefahrenste Publikation des Herbstes« bezeichnet wird. Und: »… die Verleger von Voland & Quist sollten dafür einen Orden bekommen.« Sowas hört man doch gerne ;).

Standaufbau bei Voland & Quist geht so: Molton-Stoff zuschneiden und auf die Wände kleben, Poster aufhängen, Plots anbringen, Regale einhängen, Bücher aufstellen, Tisch mit Kühlschrank aufbauen, alles Mögliche an Zeug verstauen, fertig.

Standaufbau

der Buchmessestand von Voland & Quist

Danach in unsere Unterkunft und gegen 22 Uhr in Abendgarderobe zum Frankfurter Hof, wo der Empfang des Berlin Verlags stattfindet. Im Frankfurter Hof versammelt sich während der Messe jeden Abend alles, was in der Buchbranche Rang und Namen hat. Es ist auch heute brechend voll, Literaturprominenz wo man geht und steht. Der Wein ist sehr gut, gratis und wird eifrig von den Kellnern nachgeschenkt. Man trifft diesen und jenen. Irgendwann gehen wir dann nach Hause. Puh, haben wir das also auch mal erlebt.

Und weiter gehts zu Tag 1

Tag 1 (Mittwoch)

Morgens pünktlich auf der Messe. Am Stand eine Überraschung: die FAZ hat eine »Zeitung zur Buchmesse« verteilt, eine Art BUNTE für den Literaturbetrieb zur Messe. Fotos und Klatsch vom vorigen Abend (»Auf der Partymeile«), Kollegen im Portrait, Zitate u.v.m. Alles sehr locker präsentiert und doch, ja, irgendwie sympathisch. Eine schöne Idee: Ein Verleger dokumentiert seinen Messetag mit einer Digitalkamera, den Auftakt macht Michael Krüger vom Hanser Verlag.

Im Laufe des Tages ein paar Termine mit Journalisten, außerdem wird der nächste gemeinsame Pressekatalogversand der Independents besprochen. Interessant eine Diskussion über E-Books am Spiegel-Stand: Kompetente Fachleute (mit Nina Kreutzfeldt (Kreutzfeldt Electronic Publishing), Werner-Christian Guggemos (Ciando), Dr. Frank Sambeth (e-Publishing Random House) und Axel Nehen (Pearson Education Deutschland)), eine sehr gute Moderation und am Ende ein paar recht plausible Zukunftsprognosen (5-15% Umsatzanteil in fünf Jahren, aber abhängig von der Literaturgattung), sowie Einigkeit darüber, dass das »P-Book« mittelfristig nicht verschwindet, sondern ergänzt wird.

Diskussion eBooks

Im Laufe des Tages wird dann immer klarer, dass das E-Book das Thema Nummer eins auf der Messe ist: Es ist in allen Zeitungen und Kollegen berichten von fanatisch rempelnden TV-Kamerateams auf der Jagd nach Bildern zu Kindle, Sony eReader, iPhone usw.

Tag 2 (Donnerstag)

Wir treffen einige Lektoren von Taschenbuchverlagen, teilweise sehr Erfreuliches über Lizenzgeschäfte. Mal sehen. Ansonsten kommen zwei Literaturagenten zu uns an den Stand, mindestens ein sehr interessant klingendes Buch ist dabei. Mehr dazu dann nach Vertragsunterzeichnung.

Immer wieder erstaunlich, was man bei den kurzen Treffen mit den Kollegen der jungen Verlage an Ideen entwickelt, gerade was Kooperationen betrifft. Das ist im Alltag, wenn man sich kaum mal trifft, eher selten der Fall. So auch heute: ein gemeinsamer Fonds für eventuelle Rechtsstreitigkeiten, eine gemeinsame E-Book-Plattform, regelmäßige Arbeitstreffen. Klingt gut. Vorbild: die Schweizer Verlagsvereinigung SWIPS.

In der »Zeitung zur Buchmesse« der FAZ fällt uns eine Werbung für das im Januar erscheinende Buch von Heinz Strunk auf: Extrem offensiv wird versucht, auf den Charlotte-Feuchtgebiete-Zug aufzuspringen. Das Cover ist babyblau statt babyrosa, die Titeltypo 1:1 übernommen. Es wird als eine Art Anti-Feuchtgebiete positioniert. Aber hat der Verlag mit einem Autor wie Heinz Strunk diese Anbiederei an aktuelle Bestseller nötig? Bin froh, nicht in einem großen Verlag arbeiten zu müssen.

Prominente, die an unserem Stand vorbeigehen: Ernst A. Grandits, Harry Rowohlt. Ersterer interessiert sich mehr für das Programm der Kollegen von Ubooks schräg rechts von uns, Letzterer verweilt ein wenig bei den netten Kolleginnen vom Stand gegenüber.

Harry Rowohlt war nicht an unserem Stand

Tag 3 (Freitag)

Für heute hatte ich vor allem Pressetermine für unsere Autoren Nora Gomringer und Jochen Schmidt arrangiert. Nora ist leider erkrankt und kann nicht kommen, da ist die Gesundheit natürlich wichtiger. Trotzdem schade, wir hatten uns auch auf sie gefreut.

14 Uhr findet eine Vorstellungsgrunde unserer neuen Buchhandels-vertreter mitsamt ihren anderen Verlagen statt. Danach diskutiert Leif weiter mit einigen Kollegen, wie man im Vertrieb noch besser zusammenarbeiten könnte, währenddessen kümmere ich mich um Jochen und die Journalisten. Überraschend kommen dann auch noch Bas Böttcher und Jakob Hein vorbei.

Es ist was los

Abends dann mit Jochen und einem alten Studienfreund zur Party der jungen Verlage in den Kunstverein der Familie Montez, wo wir eindeutig zu früh eintreffen. So kann uns Lars von Blumenbar noch für die Dekoration einspannen (Plakate aufhängen). Die ersten Gäste treffen wenig später ein, wir fahren trotzdem noch schnell auf die Party der Titanic (wo wir um reinzukommen, in ein Kaleidoskop schauen und uns vor einem Altar mit Tierfotos verbeugen müssen, den Sinn des Ganzen habe ich vergessen). Grandios: das angebotene Chili. Ebenfalls grandios: die Location, ein Bootshaus direkt am Main.

Titanic-Buchmesseparty

Titanic-Buchmesseparty II

Als wir zum Kunstverein zurückkehren, ist die Party in vollem Gange. Ich schätze mal so 1000 Gäste auf zwei Etagen, die Stimmung ist angenehm entspannt bis ausgelassen, eher wie in einem Club als auf einem Branchentreff. Hier eine Tanzflächenimpression:

Party der jungen Verlage FFM 2008

Tag 4 (Samstag)

Ich bin nicht pünktlich auf der Messe, Leif hat sich aber geopfert, so dass der Stand besetzt ist. Heute ist der erste Tag, an dem die Messe für alle Nicht-Fachbesucher offen ist, entsprechend voll wird es.

Buchmesse Halle 4.1. Gang D

Wir haben nur wenige Termine, zum Glück, denn die letzte Nacht fordert ihren Tribut.

Jochen ist nachmittags bei einer Live-Sendung von Bayern 2 im gläsernen Studio der ARD eingeladen und sorgt für ein schönes Bonmot: Auf die Frage, was er von E-Books hält, meint er nur, dass es erst interessant für ihn würde, wenn man Bücher direkt in den kopf einspielen kann, ansonsten seien die nichts für ihn.

Jochen Schmidt (u.a.) hinter Glas

Es ist bestes Wetter draußen, was zahlreiche aufwendig kostümierte Jugendliche zum Zurschaustellen ihrer selbstgeschneiderten Manga-Kostüme nutzen. Ich merke, wie weit ich schon entfernt bin von aktueller Jugendkultur, mir sagt das alles gar nichts.

Kostüme und Posieren

Entspannung

Weitere Ideen zu E-Books: Bücher über iTunes? Gratis E-Book bei Kauf eines Printbuchs? Man bräuchte nur mehr Geld, um das alles auch ausprobieren und technisch umsetzen zu können.

Tag 5 (Sonntag)

Ich habe Zeit, ein wenig über die Messe zu schlendern und Bücher zu erwerben. Vor allem Graphic Novels interessieren mich. Leif hat zwei wichtige Termine, wieder geht es um den Vertrieb, vielleicht unser internes Top-Thema auf dieser Messe. Und er hat es in die letzte Ausgabe der bereits erwähnten »Zeitung zur Buchmesse« geschafft: Gestern war nämlich Daniela (Verlegerin von kookbooks) angehalten, ihren Messetag fotografisch zu dokumentieren. Sympathischerweise scheint es so, als wäre sie vor allem an den Ständen der Indieverlagskollegen unterwegs gewesen.

Leif in der FAZ

Pünktlich um 17.30 uhr ertönt ein Gong – die Messe ist vorbei, sofort beginnt der Abbau.

Rausreißen des Teppichs vor unserem Stand, ca. 17.31 Uhr

Was ich wie jedes Jahr nicht verstehen kann: Lautes Jubeln und Klatschen der Kollegen nach dem Gong. Ich bekomme nämlich erst jetzt meinen Messe-Blues – wieder ist eine inspirierende Zeit vorbei, der Alltag wartet. Auf der Messe saugt man Ideen auf, trifft Leute, die vom Gleichen begeistert sind wie man selbst, neue Buchprojekte oder Kooperationsideen entstehen. Aber es hilft ja nichts. Auf nächstes Jahr!

Zum Abschluss noch ein Bilderrätsel: Was stimmt hier nicht?

Bilderrätsel

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