Rio Bar ist nicht leicht zu lesen: Es gibt keine lineare Handlung, viele erschütternde Bilder, verwirrende Perspektiv- und Zeitebenenwechsel. Dass Ivana Sajko vom Theater kommt, merkt man der Struktur des Romans an, die verschiedenen Kapitel sind als eigenständige Szenen konzipiert, erst nach einiger Zeit ergibt sich ein Gesamtbild. Trotzdem ist Rio Bar ein bemerkenswertes und sehr zu empfehlendes Buch. Voller Wut und Verzweiflung, aber auch voll subtilem bitterem Humor, der sich z.B. im von der Autorin verwendeten Jargon ausdrückt.
Was mich vor allem beeindruckt hat, ist die eigenwillige, expressive Sprache und die vielen beklemmend-eindrücklichen Szenen. So wird gleich zu Beginn eine Hochzeitsgesellschaft von einem Bombenangriff zerfetzt (»Die Trauzeugen liegen zerrissen herum.«). Die Braut verliert ihren frisch angetrauten Ehemann. Sie flüchtet in einen Schutzkeller, dann in ein Flüchtlingscamp. Später ist sie in einer Stadt am Meer (»die schööönste Stadt«, »das blaaauste Meer«), wo sie in der »Rio Bar« sitzt, sich errinnert und exzessiv mit Alkohol betäubt. Dort versucht sie auch, ein »Drama für acht Schauspielerinnen in Brautkleidern« zu schreiben. Die hier genannten Beispiele verdeutlichen die Zeitebenen des Buches: der Krieg selbst und eine von Misstrauen, Nationalstolz und Fremdenhass bestimmte Gesellschaft der Nachkriegszeit einige Jahre später (verstörend die Szene, wo in einer Disko ein paar Ausländer von einem Mob verprügelt werden).
Sajko findet in Rio Bar eine Form, mit der sie dem Leser die Folgen des Krieges drastisch vor Augen führt.