Neuauflage des vergriffenen Bandes von 2019

Seit ihrem postum erschienenen Tagebuch gilt Alice James als eine Ikone des frühen Feminismus. Und doch ist ihr Name bis heute weitgehend unbekannt. Erst wenn die Sprache auf ihre Brüder kommt, den Romancier Henry James sowie den Philosophen und Psychologen William James, oder auf Susan Sontag, die ihr ein Theaterstück widmete, weiß man sie einzuordnen. In Simone Scharberts Prosadebüt nimmt Alice James endlich die zentrale Position ein, die ihr zeitlebens nie zustand: Sie selbst ist die Adressatin dieser Anrufung. In einem reißenden Strom von Bildern, Assoziationen und Zitaten wird die Tragödie dieses Lebens greifbar: Die Geschichte einer Frau, die in einem intellektuellen Haushalt aufwächst, der aber der Zugang zu Bildung und Studium verwehrt bleibt. Einer Frau, die gegen das Stigma der Hysterie-Diagnose ankämpft, von den Brüdern benutzt als Material für ihr Schreiben und ihre Studien, von den Ärzten als Testobjekt für pseudowissenschaftliche Therapiemethoden. Einer Frau, in deren dysfunktionalem, von Krinoline, Mieder und gesellschaftlichen Konventionen eingeschnürtem Körper ein intellektuell wacher Geist wohnt.

Stimmen

Fantastisch, musikalisch, schlichtweg hymnisch – anders kann man Simone Scharberts 'Anrufung' nicht bezeichnen. […] Selten wird man von einer Prosakomposition derart eingefangen.

Björn Hayer, Neues Deutschland

In bewegenden Bildern spiegelt Simone Scharbert in lyrischer und präziser Sprache die Kraft dieser erstaunlichen Frauengestalt und ihrem lebenslangen Aufbruch und Kampf.

Bettina Hesse, WDR5 Bücher

Simone Scharbert holt Alice James aus dem Schatten ihrer Brüder Henry und William […] Ihr Prosatext schafft eine unglaubliche Nähe – über Generationen hinweg.

Kölnische Rundschau

Ihr Text fließt, fließt wie dieses Frauenleben, beleuchtet entscheidende Jahre, Entwicklungen, Ereignisse, ist chronologsch und assoziativ zugleich, vor allem aber in einer wunderbaren Sprache geschrieben.

Birgit Böllinger, saetzeundschaetze

Es sind kurze und klare Sätze, austariert wie die Takte einer Komposition, schwingend und vorwärtstragend, sich zuweilen aufstauend und dann losbrechend. Packend das Ganze.

Martin Oehlen, Bücheratlas

Man merkt, meine ich, dass Scharbert aus der Lyrik kommt, denn das Buch setzt sich aus wenigen Kapiteln zusammen, die eine Jahreszahl tragen […] und in dichten sprachlich streng durchkomponierten Absätzen das Leben der Protagonistin aufrufen. Das Außerordentliche dabei ist, dass der Text die Frau, um die es geht, zur Angesprochenen macht, und ihr somit eine Souveränität zugesteht, die sie sich zeitlebens innerlich erkämpfen, erschreiben, erarbeiten musste.

Jan Kuhlbrodt, piqd

Eigentlich ist das Buch vor allem eine poetische Hommage an eine Frau, die nicht mehr miterleben konnte, wie viel Echo ihr so eindrucksvolles Tagebuch in der Welt ausgelöst hat.

Ralf Julke, l-iz